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    Power Skiving

    Hohe Qualität, Produktivität und Wirtschaftlichkeit beim Verzahnen

    Eislingen, 07. Dezember 2020 - Die Technologie des Wälzschälens (Power Skiving) ist wie die Elektromobilität bereits mehr als 100 Jahre bekannt [1] und fand mit der Verfügbarkeit von 5-Achsen-Bearbeitungs-Zentren aufgrund der überzeugenden Prozess-Flexibilität Einzug in der Einzel- und Serienfertigung. Mit der e-Mobilität wächst nun ein Markt, welcher hohe Anforderungen in Bezug auf Präzision (geringe Laufgeräusche), hohe Leistungsübertragung (Drehmoment und Drehzahl) vom Produkt und eine ebenfalls hohe Produktflexibilität bei der Volumenfertigung dem Getriebehersteller abverlangt. Durch den Einsatz von Planetengetrieben für die Untersetzung oder als Differential im Antriebssystem steigt auch der Bedarf an Innenverzahnungen. Wie bei allen Fertigungstechnologien sind Qualität, Kostenoptimierung, Flexibilität und Produktivität die TOP-Themen.  „Power Skiving“ liefert für jeden einzelnen dieser Aspekte einen signifikanten Beitrag.

    Neben den traditionellen Bearbeitungsverfahren von Zahnrädern wie Wälzfräsen, Wälzstoßen und Räumen ist das Wälzschälen ein kontinuierliches spanabhebendes Verfahren zur Weich- und Hartbearbeitung von Innen- und Außenverzahnungen [2]. Der Prozess des Wälzschälens ist gekennzeichnet durch die in einem bestimmten Verhältnis zueinander angeordnete Werkzeug- und Werkstückachsen - dem Achskreuzwinkel (Bild 1). Bei der Abwicklung der gekoppelten Drehung von Werkstück und Werkzeug entsteht so eine Relativbewegung der Schneide in der Zahnlücke. Durch die Überlagerung mit einer Vorschubbewegung addieren sich beide zur Bewegungen zur Vorschubgeschwindigkeit und führen die Schneiden entlang der Werkstückachse. Damit wird in mehreren Schnitten aus dem Werkstück die Zahnlücke „herausgeschält“ (Bild 2). Die Schnittgeschwindigkeit ergibt sich aus den Rotationsgeschwindigkeiten von Werkzeug und Werkstück in Relation zum Achskreuzwinkel. Signifikat für das Wälzschälen ist die kurze Bearbeitungszeit (ca. 30 bis 50 %)  im Vergleich zum ebenfalls flexiblen Wälzstoßen und die Fähigkeit die Verzahnung bis dicht an eine Störkontur (Werkstückschulter) anzubringen. Je geringer der Achskreuzwinkel, umso dichter kann an die Störkontur herangearbeitet werden.

    Während die traditionellen Alternativprozesse zur Verzahnungsbearbeitung wie Räumen, Wälzstoßen und Wälzfräsen überwiegend in technologiespezifischen Sondermaschinen eingesetzt werden, kann das Wälzschälen auf Spezialmaschinen und auf modernen 5-Achs-Bearbeitungsmaschinen eingesetzt werden. In den letzten Jahren ist dem Wälzschälen mit der Verfügbarkeit moderner Steuerungstechnik zur Spindel-Synchronisierung, der Werkzeugtechnologie zur Hochleistungszerspanung sowie einer den hohen Anforderungen an Steifigkeit und Dynamik entsprechenden Maschinenstruktur der Quantensprung in der industriellen Fertigung gelungen.

    Der wesentliche Vorteil der vorgenannten Prozessintegration liegt darin, dass ohne oder zumindest mit weniger Folgemaschinen die Bauteile fertig bearbeitet werden können. Damit entfallen ein Großteil des Be- und Entladens der Bauteile, der Zwischentransport und der Qualitätseinbußen durch Spannfehler in den Folgebearbeitungen.

     

    Die FFG-Gruppe bietet den Anwendern daher die Technologie des Power Skiving auf unterschiedlichen Maschinenkonzepten an (MODUL-Verzahnungsmaschine Skiving mit alternativen Bearbeitungsverfahren, HESSAPP-Vertikaldrehmaschine für scheibenförmige Bauteile mit schwenkbarer Werkstückachse  oder die BOEHRINGER-Wellendrehzentren mit optionaler Werkzeugspindel). Beim isolierten Vergleich der Zerspanungsumfänge für das Verzahnen kann Power Skiving mit dem Räumen und dem Wälzstoßen mithalten und muss sich nur dem klassischen Wälzfräsen im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit geschlagen geben. Bei der Serienfertigung auf der grünen Wiese müssen jedoch Kosten, Qualität und Produktivität in Summe beurteilt werden und dabei kann die Bewertungsmatrix für für das Power Skiving noch vorteilhafter ausfallen (Bild 4).

     

    Vorteile von Power Skiving:

    • Entfall der Genauigkeitsverluste bei Mehrfachspannungen in Folgebearbeitungen (Qualitätsverbesserung) – Drehen (sowie andere Operationen) und Verzahnen in einer Aufspannung
    • Raumsparender Prozess durch Einsparung an Logistikfläche für Folgebearbeitungen
    • Geringere Gesamtinvestition (keine Sonderfundamente (Räumen), Peripherie, Betriebs- und Instandhaltungskosten im System)
    • Wirtschaftliche Bearbeitung durch kurze Bearbeitungszeiten (im Vergleich zum Wälzstoßen)
    • Prozess-Flexibilität (Prozessoptimierung, Umrüsten, Bahnkorrektur, Werkzeuge, Schnittmaterialien)
    • Trockenbearbeitung möglich, Verzicht auf Kühlschmierstoff oder Öl (Umwelt, Kosten)
    • Produkt-Flexibilität (schnelles Umrüsten auf anderen Werkstücktyp, Verzahnungsprofile, Gerad- und Schrägverzahnung)
    • Herstellung von Verzahnungen nahe an Störkonturen (Absatz/Schulter)
    • Innen- und Außenverzahnung
    • Weich- und Hartbearbeitung – Schruppen und Schlichten
    • Härteverzüge können durch Bahnkorrekturen vorgehalten werden
    • Breite Kompetenz von Maschinen- und Werkzeuglieferanten

     

    Der offensichtliche Vorteil des „Power Skiving“ ist in der Prozessintegration zu finden. Dieser Hintergrund erklärt auch den zweigleisigen Ansatz der FFG-Gruppe bei der Maschinenentwicklung. Beide Maschinen für das „Power Skiving“ bieten zusätzlich zur Verzahnung weiter Bearbeitungstechnologien, wie Drehen, Bohren und Fräsen. In der Prozesskombination kann auf den Maschinen ein Werkstück nahezu vollständig bearbeitet werden. Mit der Option „Power Skiving“ auf der im Markt hervorragend etablierten HESSAPP DVH 500 holen wir den Kundenkreis ab, der am Drehteil eine Verzahnung anzubringen hat. Mit der MODUL VS 250 liegt die Zielrichtung auf dem klassischen Fertiger von Zahnrädern und Getrieben.

    Für beide Maschinen steht ein spezielles Softwarepaket zur Technologie- und Prozess-entwicklung, für Simulationen sowie zur Prozessvisualisierung zur Verfügung. Die Wälzschäl-Software der FFG ist kompatibel zur auch extern nutzbaren Auslegungs- und Simulations- Software „SkiveAll“ vom IWU Chemnitz, ein Institut der Fraunhofer Gesellschaft [6,7].

    „SkiveAll“ beinhaltet Algorithmen zur Optimierung der Bauteilqualität. Aus der Werkstückanalyse wird ein kinematisches Prozessmodell erstellt und die dazu erforderliche Werkzeuggeometrie berechnet. Zur vollen Nutzung der Potenziale des Wälzschälens berücksichtigt dieser Digitale Prozess-Zwilling auch die Bearbeitungskräfte, den Werkzeugverschleiß und die Beanspruchung der Bearbeitungsmaschine (Bild 5). Der Prozess (Schnittfolge, Schnittwerte, Maschineneinstellungen und sonstige Daten) wird zur Maschine exportiert und dient dort als Basis für die automatische Generierung der NC-Bearbeitungsprogramme.

    Bei einer Kopplung mit einer Messmaschine erfolgt die Datenübertragung im GDE-Format (Gear Data Exchange [8]) oder in kundenspezifischen Formaten. Damit lässt sich eine geschlossene Prozesskette von der Werkstückzeichnung bis zum Fertigprodukt aufbauen. „Closed Loop Manufacturing [9]“ wird zu einem Kernpunkt für das Wälzschälen, um dessen Position gegenüber den seit Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelten Verzahnungsverfahren Stoßen, Räumen und dem Wälzfräsen weiter zu stärken.

    Als weitere Komponente steht mit dem MODUL TOOL-MANAGER ein bereits an den Wälzfräsmaschinen erprobtes System für die Werkzeugverwaltung zur Verfügung.

    Für den Service bietet FFG Unterstützung durch das auf der Maschine installierte digitale Wartungshandbuch, mit dem eine Wartungs- und Reparaturanleitung in Wort und Bild direkt an der Maschine zur Verfügung steht. Die Anzeige der Wartungsintervalle bzw. die vorausschauende Ankündigungen fälliger Wartungen sind ebenso möglich wie die Protokollierung erledigter Aufgaben. Alle Servicedaten lassen sich extern auslesen und auswerten.

    Die Wälzschälmaschine MODUL VS 250 ergänzt das erfolgreiche Produktprogramm der Wälzfräsmaschinen mit der Technologie „Power Skiving“ (Bild 6). Mit den beschriebenen Prozess- und Produktionsvorteilen sind primär Zulieferer und Produktionswerke der Automobilindustrie angesprochen, unabhängig vom Antriebskonzept mit Verbrennungsmotor oder e-Antrieb. Die Maschine ist mit ihrem Werkzeugmagazin jedoch ebenfalls für komplexere Werkstücksortimente in kleinen und mittleren Stückzahlen geeignet.

    Die 30-kW-Arbeitsspindel der VS 250 ermöglicht eine Werkzeugdrehzahl von 8.000 1/min, die Werkstückspindel bietet max. 4.000 1/min. Im bereits in der Grundausstattung enthaltenen Werkzeugmagazin stehen 6 Plätze für Werkzeuge mit einer Schnittstelle HSK 100 zur Verfügung.

    • Maximal herstellbarer Modul m = 6
    • Maximaler Werkstückdurchmesser = 250 mm
    • Automatisierung durch integriertes Ladeportal oder externen Roboter
    • Möglichkeit der gespiegelten Ausführung zur Integration in bestehende Fertigungslinien oder bei Ersatz vorhandener Maschinen

     

    Das vertikale Pick-up Dreh-Bearbeitungszentrum DVH 500 L WS (Bild 7)kann Werkstücke bis zu einem Schwingdurchmesser inkl. Spannelemente von 500 mm aufnehmen und komplett bearbeiten. Dazu können auch angetriebene Werkzeuge im Werkzeugrevolver untergebracht werden, welcher mit modernster Prozessüberwachung (MONTRONIX) ausgerüstet ist. Zur Erhöhung der Maschinendynamik kann die X-Achse auf Wunsch mit Linearantrieben ausgestattet werden. Neben der klassischen Bearbeitung Drehen, Bohren, Fräsen und Schleifen steht nun auch mit dem Optionspaket „Power Skiving“ eine weitere schwenkbare Werkzeugspindel (Bild 8) mit einem Drehmoment von 270 Nm, einer Maximaldrehzahl von 7.800 1/min und einer HSK 100 Werkzeugschnittstelle zur Verfügung.

     

    • Maximal herstellbarer Modul m = 6
    • Integrierte Werkstückhandhabung vom Transportband mit der Pick-up-Spindel
    • Optimaler Einrichtbetrieb
    • Moderne Spezialsoftware zur Werkstattprogrammierung und Prozessvisualisierung SkiveAll mit Dialog-Programmierung
    • Hauptspindel mit max. 4.000 1/min und 795 Nm @ 40 %
    • Y- Achse mit Hub +/- 300mm
    • Vorteil der Fertigung einer Innenverzahnung bei Werkstücken mit einem inneren Absatz / Schulter

     

    Beide Maschinentypen können als Ersatz- oder ergänzende Investition in bestehende Fertigungslinien für Räder und Wellen integriert werden oder in Turn-Key-Anlagen von FFG mit voller Effektivität der Potenziale der Mehrprozesstechnologie eingesetzt werden. Insbesondere bei der Zahnradfertigung, wo nicht das einzelne Bauteil, sondern Bauteile in Gebinde (Lose) zum nachfolgenden Bearbeitungsabschnitt transportiert werden, bietet sich das algorithmische Produktionssystem (Bild 9) mit bester Produktivität und daraus resultierend geringsten Stückkosten an. Diese Fertigungsanlagen sind dadurch gekennzeichnet, dass prozess-spezifische Maschinengruppen im System geplant sind, welche mit unterschiedlichen Bauteilen, je nach Auslastung und Verfügbarkeit, angefahren werden. Daher müssen die Einzelmaschinen unbedingt auf die Akzeptanz unterschiedlicher Bauteile bei der Volumenfertigung ausgelegt werden und diese Prozess-Flexibilität erfordert die Abdeckung eines möglichst großen Bearbeitungsumfangs (z.B.: Drehen, Fräsen, Bohren und Verzahnen) in einer Aufspannung.  Aus der jeweils aktuellen Auslastung der Fertigungszellen wird das Logistikziel für einen Auftrag (Gebinde/Los) ermittelt und somit die verfügbaren Fertigungs- und Peripheriemaschinen optimal ausgelastet. Auch in konventionelle mehrstufige Fertigungsanlagen und Agilen Fertigungssystemen [11] lassen sich beide Maschinentypen für das Wälzschälen bestens integrieren.

     

    Schriftum

    [1]     W. von Pittler: Verfahren zum Schneiden von Zahnrädern mittels eines zahnradartigen, an den Stirnflachen der Zähne mit Schneidekanten versehenen Schneidwerkzeugs, Deutsche Patentschrift Nr. 243514  (1910)

    [2]     Klocke, F., Brecher, C., Löpenhaus, C., Ganser, P., Staudt, J., Krömer, M.: Technological and simulative analysis of power skiving, 26th CIRP Design Conference, Elesevier B.V. Procedia CIRP 50 ( 2016 ), S. 773 – 778

    [3]     Bauer, R.: Die Freiheitsgrade richtig nutzen – Individualisierungskonzepte für Mehrschnittstrategien beim Wälzschälen, 3. Fachseminar Wälzschälen, Fraunhofer Institut IWU, Chemnitz, Tagungsband, 3. April 2019

    [4]     Bauer, R.: Modellbasierte Gestaltung von Mehrschnittstrategien, 2. Fachseminar Wälzschälen, Fraunhofer Institut IWU, Chemnitz, Tagungsband, 27. April 2017

    [5]     Raab, A.: Einflussfaktoren für ein prozesssicheres Wälzschälen in der Produktion von Nutzfahrzeuggetrieben, 3. Fachseminar Wälzschälen, Daimler AG, Chemnitz, Tagungsband, 3. April 2019

    [6]     Grünberg, M.: Geschlossene Technologiekette im Wälzschälen, 3. Fachseminar Wälzschälen, MODUL Chemnitz, FFG Werke, Tagungsband, 3. April 2019

    [7]     Bauer, R.: Software SkiveAll, Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik, Produktpräsentation, Chemnitz, 2019

    [8]     N.N.: Format für den Austausch von Verzahnungsdaten – Gear-Data-Exchange (GDE), VDI/VDE-Richtlinie 2610, Düsseldorf, 2014, Beuth Verlag, Berlin

    [9]     Klocke, F., Brecher, C.: Zahnrad und Getriebetechnik, Hanser Verlag GmbH Co KG, 2016

    [10]   Fath, J.: Algorithmic Production – from chained production to dynamic optimization, MHP – Porsche Consulting, Vortrag bei: Walter Kompetenz Tage Nov. 2018, Tübingen, Tagungsband

    [11]     Berger, M.: Agile Manufacturing Systems – a Significant Quantum Leap for High Volume Production. S. 63 – 76; In: Dashchenko, A.I.: Reconfigurable manufacturing systems and transformable factories, ISBN 978-3-540-29391-0, Springer, Berlin, Heidelberg, 2007

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